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Schallempfang

Das Zahnwal-Gehör

Das Hörsystem der Cetacea ist sehr gut an die aquatische Lebensweise angepasst. Die Abwesenheit von äußeren Gehörstrukturen (Ohrmuschel) schreibt die Stromlinienform vor. Der Gehörgang ist aller Wahrscheinlichkeit non-funktional. Das Mittel- und Innenohr von Zahnwalen ist besonders auf hohe Frequenzen spezialisiert. Das liegt darin begründet, daß das Zahnwal-Ohr auch als Empfangssystem für das Ultraschall-Echolot fungiert. Die Verarbeitung im Gehirn erfolgt vermutlich in zwei voneinander getrennten Hörzentren: eines für langanhaltende Reintonsignale(Pfiffe) und ein anderes für extrem kurzandauernde Breitband-Impulse(Klicks).

Eine relativ dünne knöcherne Region (akustisches Fenster) auf beiden Seiten des Unterkiefers, steht in direktem Kontakt mit einem ölgefüllten Kanal. Dieses "akustische Öl" ist ein Material, das hervorragende Schallleitungs-Eigenschaften aufweist. Das akustische Fenster, auch "Trommelknochen" genannt,  könnte wie ein knöchernes Trommelfell arbeiten. Der Kanal im Unterkiefer leitet das Signal zum Mittel-/Innenohr. Das deutet auf einen alternativen Schallweg hin, der bei anderen Säugetieren ohne Vergleich bleibt. Nur bei Reptilien ist die Schallleitung über den Unterkiefer bekannt. Bei Säugetieren entwickelte sich aus einem Teil des Unterkiefers die Gehörknochenkette.

Quelle: Whitlow W.L. Au - The Sonar of Dolphins

Das äußere Ohr

Das Delphingehör, besteht aus Außen-, Mittel- und Innenohr. Der nadellochartige Gehörgang endet hinter dem Auge. Mittel- und Innenohr ist in eine knöcherne Struktur (Kapsel) eingeschlossen, die "Bulla tympanica". Sie hat keine knöcherne Verbindung zum Schädel. Die Gehörkapseln sind vom Schädelknochen und gegeneinander sehr gut isoliert, was Schallortung durch Knochenübertragung des Schalls erst ermöglicht. Die dämpfende Aufhängung besteht aus Knorpel, Bindegewebe und Fett.

Fragestellung: Ist der nadellochartige Gehörgang die primäre Schalleitung oder gelangt der Schall anderweitig zum Mittel-Innenohr- Komplex ?

Alternativtheorie: Der Gehörgang ist nonfunktional; Schallwellen treten durch den ausgedünnten hinteren Teil des Unterkiefers ein und gelangen über einen fettgefüllten Kanal zur Knochenkapsel, die das Mittel- und Innenohr beinhaltet.

Das Mittelohr - Die Gehörknochenkette

Es besteht keine direkte Verbindung zwischen Trommelfell und Hammer. Als Aufhängung für den Hammer dient ein Band aus Bindegewebe. Hammer und Amboß sind quasi verwachsen, verbunden durch ein sattelförmiges Gebilde. Auch Amboß und Steigbügel sind direkt verbunden.

Die Steigbügelbasis liegt dem ovalen Fenster auf und verbindet so das Mittelohr mit der Cochlea(Schnecke). Der Steigbügelknochen hat eine muskulöse Aufhängung.

Theorie 1(Johnson 1986):

Druckwellen komprimieren die gesamte Mittelohrhöhle von allen Seiten und bewirken eine entsprechende Bewegung der Schneckenflüssigkeit.

Theorie 2(McCormick et al. 1980):

Die Starrheit der Gehörknochenkette in Verbindung mit einer pulsierenden Mittelohrhöhle bewirkt eine Relativbewegung zwischen dieser und den Gehörknochen, die sich dann vom Steigbügel auf das ovale Fenster überträgt.

Theorie 3(Yamada 1953, Behrmann 1986-87):

Die Gehörkapsel hat ein fast doppelt so hohes spezifisches Gewicht wie alle anderen Knochenstrukturen im Schädelbereich.Weil die Kapsel quasi freischwingend ist und nur mit Bändern und häutigem Gewebe in Position gehalten wird, könnte sie ähnlich wie ein Seismograph Schwingungsdifferenzen registrieren. Diese entstehen dadurch, dass die leichten Knochen in der Umgebung der Kapsel leichter in Schwingung durch eintretende Druckwellen geraten als die durch ihr hohes Gewicht trägeren Kapseln. Behrmann fand 1986 bei Schweinswalen(Phocoena phocoena) nervöses Gewebe in den mit lockerem Gewebe und Flüssigkeit gefüllten Räumen, die die Kapsel umschliessen. Behrmann schliesst daraus, dass diese Nervenzellen als Rezeptoren für die Schwingungsdifferenzen dienen und somit Yamadas Hypothese von 1953 bestätigt. Dieser "Seismograph" wäre geeignet um tiefe Frequenzen bis ca. 800 Hz zu registrieren. Den folgenden Bereich bis ca. 100 000 Hz ordnet Behrmann dem Rezeptor "Cochlea" also dem Innenohr zu. Für Frequenzen über 100 000 Hz könnte nach Behrmann ein weiteres Organ verantwortlich sein: Ein Knorpelstab, der sich in der länglichen Rinne im Oberkiefer befindet. 1988 entdeckte Behrmann bei Schweinswalen ein nervöses Organ, welches den Knorpelstab umschliesst. Dieses System könnte wie eine "Richtantenne" für sehr hohe Frequenzen fungieren, die dann ins Spiel kommen wenn sehr kleine Objekte geortet und beurteilt werden sollen.

Das Innenohr

Das ovale Fenster ist die Verbindung zwischen Mittelohr und Cochlea, einer spiraligen Röhre, die die Hörnervenenden beinhaltet. Die Spiralwicklung beginnt am basalen Ende, dort, wo das ovale und das runde Fenster liegt und windet sich bis zu dem blinden Ende an der Spitze. Akustische Energie tritt als Druckwelle über das ovale Fenster in die Schneckenflüssigkeit ein und bewirkt, daß die Basilarmembran schwingt und so die auf ihr liegenden, als Schallrezeptoren fungierenden Haarzellen bewegt.

Die Cochlea ist durch zwei sehr dünne Membranen längsgeteilt: die Basilarmembran und die Spirallamelle formen zwei mit Flüssigkeit gefüllten Kammern. Die Haarzellen und deren unterstützende Strukturen bilden das Corti-Organ. Die Basilarmembran ist zwischen zwei knöchernen Brücken aufgehangen, welche entlang den Rändern angeordnet sind.

Die Basilarmembran ist 25 µm dünn am basalen Ende und verdickt sich kontinuierlich auf den ersten 20 mm. Dann erhöht sich die Verdickungsrate. Maximale Dicke 350 µm am spitzen Ende.

Windungszahlen der Cochlea im Vergleich:

(a) Tursiops t.(gr. Tümmler): 2 
(b) Mensch : 3

Entscheidend für die Trennschärfe (Frequenzunterscheidung) beim Hören ist die Veränderung der Steifigkeit der schwingenden Strukturen.

Das Verhältnis der Haarzellen zu den, an sie angeschloßenen Nervenenden gibt Aufschluß über die Genauigkeit bei der Signalerkennung:

Anzahl der inneren Haarzellen im Vergleich (nach Wever):

Anzahl der äußeren Haarzellen im Vergleich (nach Wever):

Anzahl der Nervenzellpopulationen die mit den Haarzellen verbunden sind im Vergleich (nach Wever):

Verhältnis der Zahl der Nervenzellpopulationen zur Haarzellenanzahl:

Wever nimmt an, daß das hohe Verhältnis (5:1) bei Delphinen die Representation von hohen Frequenzen, sowie die Auswertung von anderen Signaldetails bei Cochlea-Ereignissen in höhren Zentren des Gehirns begünstigt.

Das Maß der Erhöhung der Basilarmembransteifigkeit in Verbindung mit dem hohen Nervenzell/Schallrezeptor-Verhältnis erlaubt Delphinen eine sehr genaue Tonhöhenunterscheidung und die Wahrnehmung von extrem hohen Frequenzen.


Zusammenfassung

Vergleich zwischen Mensch und Delphin

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